Wieso liest man Cicero?

Anstrengend. Kein Zweifel. Die hypotaktischen Endlossätze des römischen Staranwalts und Verteidigers der Republik, Cicero, verlangen einem alles ab, was man an Aufmerksamkeit aufbringen kann, weil er scheinbar keine Rücksicht darauf nimmt, ob der Leser – oder vielmehr Zuhörer, denn seine Schriften waren zunächst meist Reden – mitkommt, sondern stattdessen, ohne Luft zu holen, selbst beim schnellsten Gedankensprung auf das entscheidende Detail hin, noch alles beim Namen nennt, was zwischen hier und jetzt für später noch relevant werden könnte, wie etwa das in der Frage um die Staatsbürgerschaft seines weniger bekannten Klienten Archias, einem Künstler, diskutierte Problem, dessen Namen im Register der entrichteten Grundsteuern nicht finden zu können – was jedoch angesichts der Tatsache kaum verwundern dürfe, dass jener – völlig zu Recht – eine Steuervergünstigung für sich geltend gemacht hatte, auf die all jene Anspruch hatten, die den römischen Militärdienst in einer gewissen (vom Senat mit Brief und Siegel abgesegneten) Zeitspanne absolviert hatten, und die darin Bestand, dass er seine Grundsteuer am letzten Dienstort und nicht in der Civitas abgelten durfte, in der er als Bürger seinen Wohnsitz angemeldet hatte, so dass er – und das würde wirklich jeder an seiner Stelle machen – die Tarife gegeneinander abgewogen und sich für den Günstigeren entschieden hatte.

Das machen wir auch heute noch so.

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